Zu meinem Buch "Der Zug fährt ab" (eine Rezension vom Schriftsteller und Verleger Viktor Streck ) 27.04.2007 Wenn man die letzte Seite deines Buches gelesen hat, begreift man deutlicher denn je, daß das Leben eines denkenden Menschen ein immerwährender Versuch ist, die eigene Vergangenheit im weitesten Sinne des Wortes zu ergründen; sein Leben nicht auf die biologischen Notwendigkeiten des Augenblicklichen zu begrenzen, sondern den Horizont weiter zu spannen, im dichten Nebel den längst verhallten Jahrhunderten nach den Spuren seiner Vorfahren zu suchen, um sie zu verstehen und letztendlich zu erkennen, wer wir sind. Dein Buch hat mir gefallen. Besonders die deutliche Verknüpfung mehrerer Generationen zu einer untrennbaren, schicksalhaften Einheit, was nicht immer und nicht für jeden in unserer Zeit selbstverständlich ist. Ich hoffe nur, daß du im zweiten Teil deines Buches, das vielversprechend mit dem Titel "Ihr und wir" versehen wurde, genau so ehrlich die deutsche Gegenwart beschreibst und versuchst, die Wege in die Zukunft zu ergründen. Ohne dabei den geistigen Schatz unserer Vorfahren, das seit Jahrhunderten (oder gar seit Anbeginn der Zeiten) Bewährte kurzerhand beiseite zu schieben und es für überholt, einer anderer Epoche gehörend, realitätsfremd usw. zu erklären. Ich hoffe, daß du diese schwierige Aufgabe so ehrlich wie vor Gott selbst begehst, als würden dir dabei deine Vorfahren aus unzähligen Generationen mit gutem Rat zur Seite stehen. Was würden sie, die Leidgeprüften und zugrunde Gerichteten, dir aus ihrer Erfahrung sagen? Besteht die Quintessenz dessen, was sie erlebt haben, etwa nicht darin, daß der Mensch nur eine einzige wahre Heimat haben kann, eben die, wo sein Volk lebt? Der verzweifelte zweihundertjährige Versuch unserer Vorfahren, im Lebensraum eines anderen Volkes eine zweite Heimat, ein kleines deutsches Paradies zu erschaffen, scheiterte letztendlich. Für diese Erfahrung haben die Deutschen in Rußland mit einem schrecklichen Blutzoll bezahlen müssen. Und dieses Scheitern ist nicht nur auf die zwei Weltkriege und die Machtergreifung der Bolschewiken zurückzuführen. Die Katastrophe hat tiefere Gründe. Viele Historiker versuchen immer wieder aufs neue, für dieses Scheitern objektive Ursachen zu finden, und verkennen dabei hartnäckig die Tatsache, daß zwei (obgleich sehr verwandte) Völker mit so unterschiedlicher Psychodynamik unmöglich in einem Raum leben können. Denn schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es deutlich, daß das deutsche Wesen mit seiner kreativen, unermüdlichen Schaffenskraft früh oder später das wirtschaftliche Leben des russischen Riesenreiches restlos beherrschen würde. Daher auch die Gegenreaktion des russischen Volkes, die nur in diesem einen Punk begründet liegt und die gerade aus diesem einfachen Grunde dem russischen Volke letztendlich auch nicht verübelt werden kann. Daher auch die Abschaffung der Privilegien für die deutschen Kolonisten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, daher auch die unmenschlichen Liquidationsgesetze des Jahres 1915. Nicht der erste Weltkrieg war die Ursache dafür. Er war nur der Auslöser, der Beschleuniger dessen, was in der Luft lag und nicht mehr aufzuhalten war. Viele rußlanddeutsche Historiker berichten mit Stolz davon, daß den Deutschen in Rußland bereits damals 14 Mio. ha Ackerboden gehörten (allerdings ohne auf die Folgen einer solchen Tatsache einzugehen). Daher auch die Gründung der Behörde für die Bekämpfung der deutschen Übermacht. Und diese Entwicklung hätte durch die unbändige deutsche Geschäftstüchtigkeit eine ungeheuere Dynamik entwickelt, die früh oder später auch ohne Kriege zu einer Katastrophe führen sollte. Kein Volk ist bereit zu akzeptieren, daß die zur damaligen Zeit maßgebende Landwirtschaft und die Wirtschaft von Fremden beherrscht werden. Denn jeder vernünftig denkende Mensch ist imstande vorauszusehen, daß diese Entwicklung bereits in wenigen Jahrzehnten auch bei der Zusammensetzung der Eliten eine entscheidende Rolle spielen würde. Wie gut und sanftmütig die deutschen Kolonisten auch sein mögen, wären sie unter diesen Umständen nur als Unterdrücker wahrgenommen worden. Und da hilft uns kaum die unendliche Aufzählung ihrer tatsächlichen Verdienste. Denn jedes Volk ist bestrebt, die in seiner Vorstellungen verankerte Lebensweise zu verwirklichen. Dieser Traum von eigener Heimat, diese hingabevolle Sehnsucht sind von einem ehrlichen Gefühl begleitet, diese große Familie zu schützen. Es ist mystischer Natur und kann nur von eigenen Landsleuten verstanden werden. Heimat ist die Zielrichtung aller Hoffnungen, sagte zu Recht ein jüdischer Philosoph. Ich bin bereit, dieses Gefühl bei jedem Volk zu respektieren und achten und mich nicht zu einem Richter zu erheben, auch wenn deine und meine eigenen Verwandten darunter so qualvoll gelitten haben. Wenn ich richtig deinen Roman verstanden habe, sind wir zumindest in einem Punkt einig: wir sind wieder in der Heimat angelangt und haben den unendlichen Kreis endlich geschlossen. Ich hoffe, daß dies alles nicht umsonst war; daß unsere Nachkommen die schmerzhafte Erfahrung ihrer Vorfahren nicht vergessen werden; daß sie dieses Glück, in ihrer wahren Heimat leben zu dürfen, nicht leichtfertig verspielen und es nicht als etwas Selbstverständliches empfinden, sonder als etwas, was von ihren Eltern teuer erkämpft wurde. Denn diese Heimkehrer haben die letzten verbliebenen Brücken abgebrochen, das Bißchen aufgegeben, worauf sie so stolz waren und das ihnen noch einen Gefühl gab, trotz aller Widrigkeiten des Lebens, zumindest etwas erreicht zu haben. Die meisten von ihnen kamen mit der stillen Hoffnung, ihren Kindern das zu geben, was ihnen selbst in der Jugend versagt wurde: das große Glück in der Mitte ihres Volkes leben zu dürfen, gemeinsam mit ihm zu leiden und sich jedem, auch noch so kleinem Erfolg aufrichtig freuen. Und daher empfinde ich dein Buch (unabhängig von deiner eigenen Intension) als einen großen Beitrag für das Verständnis unserer Geschichte. Es wird bestimmt nicht nur für die Deutschen aus Rußland interessant, sonder auch für die Einheimischen. Denn viele von ihnen leben unter dem von den Massenmedien vermittelten Eindruck, es wäre möglich, Völker unterschiedlichster Glaubensrichtungen und Kulturkreise unter einem Dach in einem Paradies auf Erden zu vereinen. Die Kommunisten wollten es auch und ertränkten zu diesem Zweck die Menschen (die sie angeblich beglücken wollten) in ihrem eigenen Blut. Die USA leuchteten kurz auf und steuern nun unaufhaltsam auf das gleiche Schicksal zu, das einst auch die UdSSR ereilt hatte. Das ethnische Auseinanderfallen der Vereinigten Staaten ist nicht mehr aufzuhalten. Denn sie verkannten eine einzige simple Wahrheit, daß das Paradies eines Menschen in Wirklichkeit nicht weit von ihm liegt. Man muß nur die Hand ausstrecken! Es ist seine Heimat! Und wenn man sie verspielt oder gar verleugnet, so wird die aufrichtige Reue nicht lange auf sich warten lassen. Doch jetzt wollte ich etwas näher auf einige Einzelheiten deines Buches eingehen. Dabei werde ich meine Aufmerksamkeit vor allem den Schwachstellen widmen. Diese Vorgehensweise sollte aber nicht die Tatsache verdrängen, daß dein Buch von mir sehr hoch eingeschätzt wurde. Sehr schön beginnt dein Roman mit einem gefühlvollen Prolog. Die Geschichte des Kleinen und die farbenreiche Beschreibung seiner Welt haben mich wirklich gerührt. Im weiteren hast du für einige Kapitel diese überwiegend emotionale Darstellungsweise verlassen. Hier folgen philosophische Abhandlungen in Form von Dialogen, die jedoch eher als Monologe erscheinen. Diesen, meiner Meinung nach deutlichen Nachteil hast du bestimmt auch in meinem Buch feststellen können. Man möchte direkter werden, statt, wie in der traditionellen Literatur üblich ist, den Gedanken indirekt durch eine farbige Lebenssituation darzustellen. Dabei läuft man oft Gefahr, ein weltanschauliches oder philosophisches Sachbuch zu schreiben. Meine Erfahrung geht in die Richtung, daß die breiten Schichten der Bevölkerung (ich meine jetzt natürlich diejenigen, die heute überhaupt noch Bücher lesen) nur dadurch zu gewinnen sind, daß man ihnen den eigentlichen Sinn möglichst in eine spannende Alltagsgeschichte verpackt. Ich vermute, daß nicht jeder unserer lieben Landsleute in der Lage ist, den ausführlichen Gesprächen mit deiner Tochter zu folgen. Sie werden bestimmt von der Beschreibung des traurigen Schicksals deiner Eltern gefesselt sein. Auch ich halte diesen Abschnitt für den spannendsten. Wobei die Schilderung deiner Heimkehr in der zweiten Hälfte des Buches einen tiefgehenden Eindruck hinterläßt. Und hier wiederum, weil es dir gelungen ist, den Leser nicht nur in deine Gedankenwelt zu versetzten, sondern vor allem deine Gefühle für ihn "fühlbar" zu machen. Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, doch viele handelnde Personen in deinem Buch "vergeistigte Wesen" sind. Mir persönlich wäre es nicht uninteressant, wenn du ausführlicher auf ihr Äußeres eingegangen wärest. Damit ich sie als Menschen vor Augen hätte, ihre Charaktereigenschaften, verborgene Hoffnungen, Ängste usw., die erkennbar nach außen drängen. Nur einzelne Menschen lesen Romane, um dort neue philosophische Erkenntnisse zu gewinnen (wie wichtig sie auch sein mögen). Die meisten wollen spannende Geschichten lesen, mit Liebe und Haß, Treue und Verrat, Gefahren und letztendlicher Rettung oder apokalyptischem Untergang. Ich vermute, daß es so auch bleibt. Besonders jetzt, wo die Welt immer pragmatischer und immer kälter wird. Wenn ich diese Zeilen schreibe, stelle ich mir sehr bildhaft vor, wie du mir (bei meinem Buch bestimmt gerechterweise) die offensichtliche Übertreibung in gefühlsbetonter Darstellung vorwirfst. Damit muß man leben und versuchen, daraus das Beste zu machen. Wenn wir deine "vergeistigten, lippen- und augenlosen" mit meinen "schönen, zarten und schnell weinenden" zusammenlegen würden, so kommen wir garantiert in den Bereich des Zumutbaren. Außerdem gewann ich den Eindruck, daß du im Gegensatz zu mir die Vernunft als alleiniges Mittel für die Lösung der menschlichen Probleme hältst. Nicht selten kommen auch die Verweise auf die Instinkte, die deiner Meinung nach tierischen Ursprung haben. Aus diesen Sätzen kam ich zum Schluß, daß du Gott nur für eine nicht definierbare, höhere geistige Substanz hältst, die zwar die Welt erschaffen hat und vielleicht sogar ihr das vorher bestimmte Schicksal auferlegt, der sich ansonsten aber im unerreichbaren Hintergrund aufhält und für den Menschen nicht ausreichend erkennbar und somit auch nicht unbedingt fühlbar ist. Diese Sichtweise auf Gott, den du übrigens an einigen Stellen gerechterweise auch als die Wahrheit bezeichnest, trägt wissenschaftlich-esoterische Züge. Wogegen ich nur einen christlichen Gott anerkennen kann, der zwar zu uns im Neuen Testament durch Schriftsprache spricht, ansonsten aber deutlich fühlbar ist. Allein deswegen, weil wir nach Seinem Ebenbild geschaffen wurden. In diesem einen Punkt kann ich bis zu einem gewissen Grad auch den Gnostikern folgen. In positiven, höheren Regungen unserer Seele können wir aufgrund unserer Gottähnlichkeit auch die Göttliche Ordnung erkennen. Sogar Atheisten konnten deren Existenz nicht leugnen, degradierten sie aber zu schwer definierbaren Urinstinkten. Die in unserer Seele fest verankerte Sehnsucht nach Familie, Kindern, Volksgemeinschaft und die nicht weniger ausgeprägte Sehnsucht nach selbstlosem Dienst für diese Gemeinschaft seiner (im wahrsten Sinne des Wortes) Nächsten bilden die wesentlichen Elemente der angesprochenen Göttlichen Ordnung. Und allein diese Ordnung kann dem ruhelosen menschlichen Geist wahres Glück und Frieden bringen. Gerade gegen diese Ordnung richtet sich aber der Kampf der linksliberalen Eliten. Sie verkünden, wie schon so oft in den letzten Jahrhunderten einen "neuen Menschen". Einen Weltbürger ohne tiefere Bindungen an ein bestimmtes Volk, am liebsten sexuell desorientiert und mit einem diffusen Gottesbild in Form von einem nicht näher definierten göttlichen Baumeister. Einen Menschen ohne jegliche feste Vorstellung über die Sittlichkeit. Das Sittliche wird nicht durch die angeborene intuitive Erkenntnis, sondern durch die pragmatische Abwägung der jeweiligen Zweckmäßigkeit ergründet, indem man der Vorstellung folgt, die am plausibelsten erscheint. Dabei ist ein solcher Mensch immer bereit die völlig entgegengesetzte Vorstellung anzunehmen, wenn einer kommt und sie mehr oder weniger "nachvollziehbar" erklärt. Und so x-beliebig Mal. Dabei handelt es sich, wohl gemerkt, nicht um ideologische oder weltanschauliche Fragen, sondern um die moralischen Vorstellungen eines Menschen. Bis ein solcher Mensch (mit eingeschlafener Intuition für Gut und Böse) zu einem manipulierbaren Roboter mit sehr mäßiger Bildung und sehr bescheidener Fähigkeit zum logischen Denken degradiert, der von einer "auserwählten" Elite regiert wird. Dostojewski in seinem prophetischen Roman "Die Dämonen" hat die Geschichte der Menschheit wie kein anderer vorausgesehen. Auch in seinem Roman "Brüder Karamasow" hat er diesen Gedanken an mehreren Stellen aufgegriffen. Interessant ist die Tatsache, daß ein solcher Mensch sich selbst für einen vernünftigen Menschen hält. In Wirklichkeit hat er die Fähigkeit für das logische Denken bei weitem eingebüßt, denn er denkt nicht selbst, sondern kommt zu seinen Entscheidungen, indem er eine von mehreren vorgefertigten Antworten als "mehr glaubwürdig" hält. In jeder Show kannst du täglich beobachten, wie die Menschen angestrengt eine richtige Antwort aus mehreren ihnen präsentierten Möglichkeiten erraten. Das ist der moderne Ersatz für Wissen und Logik. Stellst du diesen Menschen die Frage direkt, wird es überdeutlich, daß sie davon keine leiseste Ahnung haben oder nicht einmal die Fragestellung verstehen. Man kann darüber lange diskutieren. Diese Themen sind ewig. Und trotzdem bin ich der Meinung, daß jeder Mensch Gott näher definieren sollte. Besonders wenn man Bücher schreibt, die Zeiträume erfassen, in denen Gott für die Menschen in ihrem irdischen Leben von immenser Bedeutung war. Was mir noch aufgefallen ist: du benutzt Ausdrücke, die nicht für jeden akzeptabel sind (Scheiße, Arschloch usw.). Wie interessant und ausdrucksvoll sie an einigen Stellen auch sein mögen und wie oft man sie auch im täglichen Sprachgebrauch verwendet, wirken Sie in gedruckter Form nicht für jeden selbstverständlich. Wenn wir nur versuchen würden, die russische Sprachwirklichkeit naturalistisch darzustellen, so würden solche realistische Werke sogar für Hartgesottene nicht mehr genießbar. Geschweige denn für die Kinder. Meine Oma hat mir immer gesagt: Lehre die Kinder das Gute, das Schlechte werden sie von selbst lernen. In diesem Satz liegt meiner Meinung nach ein sehr tiefer Sinn. Das ist nur am Rande bemerkt, denn auch ich habe in meinem Buch an einigen Stellen diese Ausdrücke nicht vermeiden können. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang sehr lebhaft an die ursprüngliche Fassung des ersten Kapitels meines Romans "Heimat ist ein Paradies". Dort habe ich die Szene mit Sebastian, wo eine Bande cooler Jungs ihn im Herren-WC ausraubt und zusammenschlägt, sehr naturalistisch dargestellt. Dabei bediente ich mich in direkter Rede der Beteiligten des dazugehörenden Sprachgebrauchs, in der frommen Hoffnung, eine solche Darstellungsweise würde die Menschen fesseln und sie letztendlich zum Weiterlesen bewegen. Das Ergebnis meiner diesbezüglichen Bemühungen war leider kontraproduktiv. Die ersten Leser (Vertreter des einheimischen Bürgertums) waren über meine (wohl gemerkt sehr eindrucksvollen) künstlerischen Auslassungen bestürzt und bekamen bereits nach diesen ersten Seiten buchstäblich Bauchschmerzen. Alle Hinweise darauf, daß dies leider die tagtägliche Wirklichkeit ihrer eigenen Kinder ist, wollten sie auf keinen Fall zur Kenntnis nehmen. Es blieb nichts anderes übrig als dieses Kapitel umzuschreiben, es zu kürzen, abzuschwächen usw. Denn letztendlich war und bleibt unser Ziel, die Menschen zu erreichen, sie zum Nachdenken zu bewegen. Ein schwieriges Unterfangen, denn das (noch wohlsituierte) Bürgertum verschanzt sich in seinen schönen, ruhigen Wohnvierteln und versucht, die schreckliche Wirklichkeit wegzureden. Dagegen sind einige harte Urteile zu bestimmten Themen, die du ohne besondere Hemmungen zum Ausdruck bringst, sehr nützlich. Zwar stoßen sie an einigen Stellen an die Grenze des Erträglichen, doch gerade dadurch zwingt man den Leser zur Neubewertung der Vergangenheit und Gegenwart. Unter anderem besticht auch die Ehrlichkeit, mit der du dein hoffnungslosen Kampf für Demokratie in deinem Institut beschrieben hast. Das sind die wesentlichen Elemente, die den Leser fesseln können. Fast jeder glaubt, durchaus ehrlich zu sein, doch kaum einer von uns ist wirklich imstande, diese Eigenschaft mit letzter Konsequenz im Leben anzuwenden. Besonders beim Schreiben autobiographischer Bücher. Man ist ständig dazu verführt, dies oder jenes abzuschwächen, eine schöne Begebenheit noch farbiger auszumalen, nachträglich noch mehr Sinn in der Begründung eigener "Heldentaten" hineinzuinterpretieren... Daher halte ich die Ehrlichkeit für die wichtigste Grundvoraussetzung für einen Schreibenden. Und in dieser Hinsicht bist du den meisten unserer Zeitgenossen deutlich überlegen. Trotz dieser Kritik ist dein Buch sehr interessant, empfehlenswert und regt einen zum Nachdenken an. Viktor Streck |